Riviera
Dokumentarfilmreihe, 4x45 Min.
Produktion: HMR Produktion im Auftrag des ZDF
Buch/Regie: |
| Lutz Hachmeister zus. mit | |
Kamera: |
| Thomas Schäfer, Hans Fromm | |
Redaktion: | Wolfgang Homering | ||
Schnitt: |
| Martin Szafranski | |
Ton: |
| Jörg Zirnbauer, Gregor Kuschel | |
Mischung: |
| Alexander Weuffen | |
Sprecher: | Ulrike Kriener, Peter Bieringer, Walter Renneisen |
Episoden:
"Monaco - Der Grimaldi-Konzern"
"San Remo - Ein italienischer Mythos"
"Porquerolles - Die Gold-Insel"
"Marseille - Eine Stadt will nach oben"
Erstausstrahlung: 4., 5., 12. und 19. Januar 2003, ZDF
Inhalt
Die Riviera, so hält der eher nüchterne Baedecker in seiner Ausgabe von 1930 fest, sei "das Gestade schlechthin". Über keine andere Gegend des Mittelmeergebietes habe "die Natur so viel Schönheit und Reichtum ausgebreitet". Schönheit und Reichtum - das mag die schlichteste Antwort auf die Frage der Geschwister Mann sein, woher diese blaue Küste ihren Ruhm habe. Doch schöne und reiche Landschaften (und Menschen) gibt es auch anderswo. Was macht die Riviera so einzigartig, so besonders?
Die Reihe schlägt geographisch den Bogen von Marseille, der ältesten Stadt Frankreichs, bis hin zu San Remo an der italienischen Blumenriviera, wo jedes Jahr das Schlagerfestival ein Millionenpublikum an die Bildschirme fesselt und Gäste wie Laetitia Casta, Michael Gorbatschow oder Neil Armstrong eingeflogen werden.
Pressestimmen
Wie hoch die Messlatte fürs fernsehmäßige Landschaftsvermessen liegen kann, das hat vor kurzem Lutz Hachmeister demonstriert. Knapp der Titel fürs Sujet: ‚Riviera’. Höchst komplex das Resultat des filmischen Vierteilers dahinter. Und nicht zuletzt: höchst elegant. Denn wie schon beim ‚Hotel Provençal’, eine Zeitetappe zurück, versteht sich Hachmeister aufs collagierende Erzählen, aufs leichthändige Einflechten kulturgeschichtlicher Episoden, aufs Ein- und Aus- und Überblenden von Beobachtungen, Reflexionen, Anekdoten, Zitaten. ... Das Ergebnis: ein Reise-Feuilleton auf der Höhe der medialen Möglichkeiten, weit entfernt von strenger oder zerknirschter Gesellschaftskritik; stattdessen pendelt der Autor im Tausendsassa-Schritt hin und her zwischen Reportage, Dokumentation, Gesellschaftsklatsch und Kultur-Causerie – ohne sich im bloßen Kaleidoskop zu verlieren.“
(epd medien, 15.2.2003)
Traumhaft lockerer Bilderfluss
Mit seinem Riviera-Vierteiler schafft Lutz Hachmeister kurzweiliges und intelligentes Fernsehen über ein Thema, das bislang entweder Gegenstand stupider Hofberichterstattung oder moralisierende Ideologiekritik über Dekadenz und Entfremdung war. Seine erfrischende Methode besteht in der steten Neugier nach erzählenswerten Geschichten: So geht es nicht nur um die dummen Streiche der Reichen, sondern etwa auch darum, wie zwei fidele Greise trotz chronischer „Porquerollitis“ (viel Wein, viel Sonne, viel Nichtstun) 90 Jahre alt werden konnten.
Neben dieser lebendigen Themenbreite überzeugt auch die Vielfalt der Formen bei der optischen Umsetzung. Ganz nebenbei ist jede der vier Episoden geprägt von visuell überaus anregenden kinematographischen Trouvaillen. Von der Hollywood-Legende Grace Kelly in Monaco über Jean Paul Belmondos Dynamit-Tod auf den Porquerolles-Inseln (Drehort für „Pierrot le Fou“) bis zu eher unbekannten Trashfilmen wie „Verliebt in scharfe Kurven“ – die weniger weibliche Reize als die Serpentinenstraßen zwischen Rom und Ligurien feiern – geht der Autor auf eine anregende Spurensuche nach der Kinogeschichte der Riviera.
Was für die meisten Filmemacher bereits das Thema an sich gewesen wäre, ist für Hachmeister nur ein Sahnehäubchen. Denn diese visuellen Bonbons gehen jeweils fließend über in knappe, aber präzise kulturgeschichtliche Hintergrundinformationen, gefolgt von anregenden Kurzreportagen über märchenhafte Domizile wohlhabender Riviera-Bewohner. Durch seinen speziellen Tonfall, der durch einen nie hämisch werdenden Witz geprägt ist (Koautoren: Malika Rabahallah und Christian Wagener), bringt Hachmeister es fertig, schwelgende Blicke in luxuriöse Wohnparadiese zu werfen, ohne dass der Zuschauer sich hier als störender oder neidischer Besucher empfände.
Trotz dieser schier unendlichen Pracht bleiben die vier Filme fast immer auf Augenhöhe des Zuschauers. Kein ‘hochkarätiger’ Promi ‘verunreinigt’ das Bild, es sei denn im historischen Zitat. Und wenn man die greise Ballett-Gräfin Marika Besobrasova mit versteinertem Dünkel sagen hört, „Monaco ist eine extrem saubere Stadt; wenn man sich auf Reisen den Schmutz der übrigen Welt anschaut, kommt man immer gerne hierhin zurück“, dann gilt dies zugleich für das übrige Fernsehen: Wenn man sich den Rest ansieht, kehrt man gerne an die „Riviera“ zurück, wenn auch nur telegen.
(Funkkorrespondenz, 10.1.2003)